Jenin liegt im Norden des seit 1967 von Israel besetzten Westjordanlands. Früher die ,,Gartenstadt Palastinas“ umschließt, Jenin heute eines der größten palästinensischen Flüchtlingslager mit mehr als 5.000 Kindern und Jugendlichen. Diese wachsen in einer scheinbar endlosen Schleife von Gewalt und Aggression auf. Sie kennen keine Kindheit, in der sie sorglos spielen, experimentieren, einen Sinn im eigenen Leben und in dem ihrer Umgebung entdecken können. Sie zeigen im Gegenteil ein Besorgnis erregendes traumatisches Verhalten.
Das Freedom Theatre Jenin will mit Mitteln der Kunst soziale und politische Veränderung erreichen. Den Kindern des Flüchtlingslagers werden unterschiedliche Möglichkeiten eröffnet, eigene Fähigkeiten zu entfalten und das Selbstvertrauen aufzubauen, das sie brauchen, um ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ziele sind dabei u.a., die psychosoziale Entwicklung der Kinder zu fördern, damit sie ihre Kindheit inmitten der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht gänzlich verlieren. Gemeinsam mit den Kindern soll ein Raum geschaffen werden, in dem sie Phantasien entwickeln und sich andere Realitäten vorstellen können. Man will Bedingungen herstellen, in denen sich Jungen und Mädchen in gleicher Weise und ohne Scheu einbringen und ausprobieren und Fähigkeiten entwickeln können, den kulturell, sozial und politisch gegebenen Barrieren selbstbewusst zu begegnen, um sie zu verändern.
Begonnen hat alles 1988 mit zwei Kinderhäusern, die Arna Mer-Khamis, die Mutter des jetzigen Regisseurs und Leiters, Juliano Mer-Khamis, aufgebaut hatte, um den Kindern im Flüchtlingslager Jenin einen Zugang zur elementaren Bildung zu eröffnen. Der alternative Nobelpreis, den Arna dafür 1993 in Stockholm erhielt, ermöglichte ihr, den Aufbau des ersten „Freedom Theatre“ zu finanzieren. Es wurde 2002 von der israelischen Armee völlig zerstört.
Im Jahre 2005 konnte Juliano Mer-Khamis das Theater zusammen mit schwedischen Partnern neu eröffnen. Neben dem vielfältigen Kulturprogramm, das in dem Theater stattfinden, gibt es Zirkus-, Theater-, Musik-, Video- und Computergruppen für Kinder und Jugendliche.
Seit 2008 ist dem Freedom Theatre die erste palästinensische Theaterschule angegliedert, in der internationale Theater- und Performancefachleute junge PalästinenserInnen ausbilden. In der dreijährigen professionellen Ausbildung lernen die jungen PalästinenserInnen alles was notwendig ist, als „Cultural Leader“ die palästinensische Gesellschaft weiter zu entwickeln. Dabei entdecken die Studenten und Studeninnen nicht nur ihre eigenen Talente und ihre Kreativität. Sie lernen auch die Vision von Frieden und Einheit voran zu bringen.
Die Ausbildung qualifiziert die jungen PalästinenserInnen nicht nur den Darstellenden Künsten sondern auch als Autoren, Regisseure, Theatermanager und Schauspiel-Lehrer. Im Oktober 2010 hat die zweite Klasse mit der Ausbildung begonnen. 8 Jungen und 2 Mädchen, die bislang nichts mit Theater zu tun hatten, wollen in drei Jahren professionelle Theaterleute werden. Ihr ersten „Ernstrfall“ werden sie Mitte Januar 2011 zu bestehen haben, dann steht die Premiere von „Alice in Wonderland“ auf dem Programm. „Alte“ und neue StudentInnen der Theaterschule werden gemeinsam das komplette Freedom Theater in ein „Wunderland verwandeln.
Seit dem Sommer diesen Jahres baut das Freedom Theatre eine großes Theater in Jenin-Stadt. Ein Theatersaal mit über 400 Stzplätzen und einer 16m x 13m großen Bühne mit den dazugehörigen Garderoben und Backstage-Räumlichkeiten, 4 Übungsräume und einige Büros nehmen langsam Gestalt an. Das bisherige Theatergebäude im Flüchtlingslager Jenin wird dann intensiver für den Multimediabereich genutzt werden, der sich zur Zeit stark ausweitet.
Die Eröffnung ist für das Frühjahr 2011 geplant.
JENIN
Die Stadt:Jenin (arabisch für Gärten) liegt im israelisch besetzten Westjordanland inmitten der Ebene „Marj ben Amer“, einem fruchtbaren Flachland in den palästinensischen Gebieten.
Die Stadt Jenin hat 35.000 Einwohner. Der Name Jenin bezeichnet auch das am Stadtrand liegende Flüchtlingslager, das 1953 für aus ihrer Heimat geflohene oder vertriebene Palästinenser gegründet wurde, die während des israelisch-arabischen Krieges 1948 den israelischen Gebietsansprüchen weichen mussten.
Im Flüchtlingslager leben etwa 12.000 Menschen auf engstem Raum und unter schwierigsten sanitären und ökonomischen Bedingungen, etwa 42 Prozent sind unter fünfzehn Jahre alt.
Stadt und Flüchtlingslager sind ein Knotenpunkt des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Schon in den 1930er Jahren, vor der Gründung des Staates Israel, war Jenin ein Ausgangspunkt des arabischen Ungehorsams gegenüber der britischen Kolonialpolizei.
Das Lager Jenin war auch ein Zentrum der sogenannten. „Al-Aqsa-Intifada“. Mehr als ein dutzend Selbstmordattentäter stammten von dort, und die israelische Armee besetzte im Jahr 2002 in einer weltweit aufsehenerregenden Militäroperation das Flüchtlingslager, tötete über 50 Personen und zerstörte ganze Häuserblocks.