Eine solidarische, unterstützende und kreative Welt ohne Armut – diese Vision vor Augen gründeten Festo, Rashid, Nassoro und George 2007 ein Gemeindezentrum in Kigamboni, einem Stadtteil von Dar es Salaam in Tansania. Die Vier litten in ihrer Kindheit selbst unter Armut, Misshandlung, Obdachlosigkeit und fehlenden Bildungschancen. Doch die Gemeinde half den jungen Männern, ihre Probleme zu überwinden. Deshalb beschlossen sie, der Kommune etwas zurückgeben. Mit dem Ziel, Armut durch soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu bekämpfen, bietet das Kigamboni Community Centre (KCC) kostenlose Schulbildung an. Die vielfältigen Talente von Kindern und Jugendlichen aus der Region werden gefördert, um ihre Chancen auf ein selbstständiges Leben zu erhöhen.
Dar es Salaam ist mit über vier Millionen Einwohnern Tansanias größte und reichste Stadt. Im beliebten Stadtteil Kigamboni lebt eine sozial gemischte Bevölkerung, er ist noch relativ dünn besiedelt und bietet Zugang zu den schönen Sandstränden des Indischen Ozeans.
Bildung
Zwar verbessert sich das tansanische Bildungssystem, doch noch gibt es viele Lücken. Um diese zu schließen bietet das KCC Grundschulunterricht an – auch für Kinder, die bereits älter als sieben Jahre sind und somit kein Recht mehr auf die staatliche, vierjährige Grundschule haben. Am Ende der auf zwei Jahre komprimierten Grundschule im KCC können die Kinder durch eine Abschlussprüfung den Zugang zum staatlichen weiterführenden Schulsystem erwerben.
Das Bildungsangebot beinhaltet eine kostenlose Vorschule, für die Eltern ansonsten Schulgeld bezahlen müssen. Ergänzend gibt es im KCC Nachhilfeunterricht, Englisch- und Computerkurse sowie ein Peer Education Programm, welches zusätzlich zur klassischen institutionellen Bildung soziale Kompetenzen und einen respektvollen Umgang miteinander fördert. In diesem Kurs werden alltägliche Probleme wie Gesundheit und Sicherheit besprochen, über HIV, (sexuelle) Gewalt und Prostitution aufgeklärt.
Talentförderung
Den KCC-Initiatoren liegt die außerschulische Beschäftigung und Talentförderung sehr am Herzen. In vielen Familien werden die besonderen Begabungen der Kinder nicht erkannt und gefördert. KCC übernimmt diese Aufgabe und bietet mit der „Talent Academy“ ein breites nachmittägliches Angebot. Die Aktivitäten bringen den Kindern Spaß, manchen eröffnen sich sogar neue Perspektiven wie etwa ein Berufseinstieg. Da immer mehr Ehrenamtliche ihre Fähigkeiten einbringen, kann das KCC das Angebot der Aktivitäten ständig erweitern.
Von Anfang an bietet das KCC-Gründungsmitglied Nassoro Mkwesso ein Akrobatik-Programm an. Er ist selbst Akrobat. Schon mit elf Jahren tourte er mit einer Zirkusgruppe durch Südostasien. Das professionelle Team der Akrobatikgruppe des KCC wird regelmäßig für Events und Auftritte gebucht.
Ebenfalls seit dem Beginn 2007 besteht das Theater-Programm im KCC. Die Gruppe schreibt selbst Stücke über soziale Probleme und führt diese im Stadtteil auf.
Beliebt sind auch die Tanzgruppen. Es gibt eine Gruppe für traditionelle Tänze, die aus Trommlern und Tänzern besteht. Sie treten in traditionellen Kostümen auf, bemalen ihre Gesichter und singen zu einigen Tänzen. Seit 2009 gibt es eine Gruppe für modernen Tanz, die zu verschiedenen Musikstücken Choreografien einstudiert. Wie die Akrobaten werden auch die Tanzgruppen regelmäßig für Auftritte gebucht.
Neben einer Musikgruppe und verschiedenen Sportarten gibt es im KCC auch Programme für Kunst und Handarbeiten. Dort lernen die Schüler Malen, Nähen, und stellen Schmuck her – teils auf handwerklich hohem Niveau. Der Verkauf der Produkte sichert dem KCC ein eigenes Einkommen.
Straßenkinder
Die UN-Kinderhilfsorganisation Unicef schätzt, dass rund 3000 Kinder in Dar es Salaam auf der Straße leben. Sie sind im KCC willkommen, bekommen Unterstützung und dürfen an den Aktivititäten teilnehmen.
Um ihnen dauerhaft eine sichere Unterkunft und Hoffnung auf ein geborgenes Leben bieten zu können, gibt es jetzt das Projekt KCC Children’s Shelter. Da die Eltern vieler Straßenkinder noch leben, suchen die Mitarbeiter des KCC nach den Familien und klären, ob eine Rückkehr möglich ist. Wenn das nicht der Fall ist, versucht das KCC-Team die Kinder an Pflegefamilien zu vermitteln. Da es jedoch für viele Straßenkinder nicht leicht ist, sich wieder an das Leben in einer richtigen Familie zu gewöhnen, will das KCC die obdachlosen Kinder in Zukunft in betreuten Wohnungen unterbringen. Zu diesem Zweck plant das Center auf einem neu erworbenen Gelände ein Haus zu bauen.
Geschäftsmodelle
Das KCC hat einige Geschäftsideen entwickelt, um künftig monatlich anfallende Kosten wie kleine Gehälter und notwendige Anschaffungen unabhängig von Spenden bezahlen zu können. In einem eigenen kleinen Laden werden Produkte verkauft, die in den handwerklichen Kursen der Talentförderung hergestellt wurden. Auch die Tänzer und Akrobaten verdienen mit ihren Auftritten Geld. Das KCC unterhält eine „Flotte“ mit zwei Bajajs, das sind dreirädrige Fahrzeuge, die als Taxis im Ort unterwegs sind und auch für Stadtrundfahrten von Touristen genutzt werden. Für Touristen werden außerdem Koch-, Tanz- und Kiswahili-Kurse angeboten.
Ein weiterer Schritt hin zur finanziellen Unabhängigkeit ist der 2010 erfolgte Kauf eines drei Hektar großen Grundstücks in 15 Kilometer Entfernung vom jetzigen Center, dem „KCC Future“. KCC plant dort den Bau neuer Gebäude und die Installation von erneuerbaren Energieträgern. Außerdem sollen Tiere gehalten und eine nachhaltige Landwirtschaft aufgebaut werden. Vom Verkauf der Farmprodukte erhofft sich das KCC regelmäßige Einkommen und eine gesicherte Zukunft.
Partner und Unterstützer
Natürlich bekommt das KCC auch Geld- und Sachspenden von verschiedenen Partnern in Tansania, Kanada, Großbritannien und Deutschland. Sie stehen ihnen auch mit ihrer Erfahrung, technischem Wissen und freiwilligem Engagement zur Seite. In Deutschland ist das Hansa-Gymnasium in Köln, ein Mitglied des Netzwerks der UNESCO-Projektschulen, eine wichtige Stütze für das KCC. Die Partnerschaft besteht, seitdem 2010 zwei ehemalige Schülerinnen das KCC besucht haben. Seither sammelt das Gymnasium Spenden und informiert die Menschen über das Leben der Kinder in Tansania. Auch der Kinderschutzbund Frechen arbeitet mit dem KCC zusammen.