Aufgeregt und voller Neugierde versammeln sich die Schulkinder der „Kigamboni Primary School“ in der Mittagszeit im Schatten der Bäume. Einige sehen mich an und rufen „Mzungu, mpiga picha!“ (Weiße, mach ein Foto!) und deuten dabei lachend auf die Kamera in meiner Hand. Doch heute bin eigentlich nicht ich die Attraktion sondern die jungen Künstler des Kigamboni Community Centre’s. Diese begleite ich heute bei ihrem Besuch in einer der größten Grundschulen ihres Stadtteils, wo sie auf die Arbeit des Gemeindezentrums aufmerksam machen und neue Talente entdecken wollen.
„Es ist wichtig den Kindern einen Zugang zum KCC zu verschaffen. Einige von ihnen kennen das KCC noch nicht, andere trauen sich nicht alleine bei uns vorbeizukommen oder bekommen von ihren Eltern keine Erlaubnis. Der Besuch in den Schulen bietet uns die Möglichkeit uns vorzustellen, den Kindern einen Eindruck von unseren Angeboten zu vermitteln und auch in Gesprächen auf die Ängste und Sorgen der Kinder einzugehen.“, erklärt mir Nassoro, Mitgründer und derzeitiger Leiter des Gemeindezentrums, die Idee der Schulbesuche.
Die Jugendlichen, die inzwischen nach und nach auf dem Pausenhof zu uns stoßen, sind in verschiedenen Angebotsbereichen des KCC aktiv. Während einige von ihnen als Akrobaten in schwindelerregenden Höhen ihre Kunststücke zeigen, sind andere begnadete Tänzer, faszinierende Verrenkungskünstler oder urkomische Schauspieler. Heute werden sie diese Talente gemeinsam in einer 60-minütigen Show präsentieren.
„Als kleiner Junge war ich selbst auf dieser Schule“ erzählt mir Dennis, während sich die anderen für die Show vorbereiten. „Es ist ein schönes Gefühl auf diese Art zurück zu kommen und den Kindern etwas mitgeben zu können.“ Dennis unterrichtet heute traditionellen- und modernen Tanz im KCC und möchte bald an einer Hochschule studieren um dann offiziell als Tanzlehrer arbeiten zu dürfen.
Schließlich sind alle Vorkehrungen getroffen und die Show kann beginnen. Lachende Kindergesichter reihen sich rund um den Platz zwischen den Bäumen auf und blicken ehrfürchtig und neugierig zugleich auf die Dennis und die anderen Tänzer, die nun mit einem Hip-Hop-Tanz die Show eröffnen. Während mit traditionellem und modernem Tanz, Verrenkungskunst und Musik die afrikanische Kultur repräsentiert wird, machen zwei kritische Theaterstücke auf humorvolle Art auf das in Tansania sehr präsente Problem der Selbstjustiz und auf Krankheiten wie H.I.V. und Cholera aufmerksam. Die Kinder sind begeistert und wollen am liebsten auf die Bühne laufen. Doch erst nach einem beeindruckendem Akrobatikauftritt und magischen Zaubereinlagen können sie diesem Wunsch folgen.
Auf einmal bin ich umgeben von einer riesigen Kindermenge die lachend und schreiend auf die Bühne rennt. Doch was für mich nur wie ein heilloses Chaos aussieht hat tatsächlich Struktur. Denn ich erkenne nun, dass die Jugendlichen vom KCC die Schüler in Gruppen aufteilen um mit ihnen in die Workshops zu gehen. Dort sollen die Kinder einen Einblick in eine der Aktivitäten bekommen und außerdem die Möglichkeit haben, mit den jungen Trainern in Kontakt zu kommen. Ich versuche einen Überblick über die Teilnehmerzahlen zu bekommen, aber es wollen so viele Kinder bei den Angeboten mitmachen, dass ich mich andauernd verzähle. Erst im Nachhinein erzählt mir Nas, dass insgesamt über 450 Kinder an den Workshops teilgenommen haben, von denen fast die Hälfte bei Theater war und sich der Rest gleichmäßig auf Akrobatik und Tanz aufgeteilt hat.
Am selbigen Nachmittag gibt es im KCC viele neue Gesichter zu entdecken. Die Anzahl der Teilnehmer am Akrobatikunterricht hat sich beispielsweise fast verdreifacht. Juma, 18 Jahre alt und einer der Trainer der Akrobatikgruppe, erklärt mir auf meinen überraschten Gesichtsausdruck lachend, dass zwar nicht alle von ihnen wiederkommen würden wenn die Anfangseuphorie erstmal verflogen sei „[…] aber selbst wenn nur zwei oder drei von ihnen bleiben, hat sich unsere Arbeit heute schon gelohnt.“
Der Besuch in der „Kigamboni Primary School“ gehört zu einer Reihe von Grundschulbesuchen, die das Kigamboni Community Centre in Kooperation mit der Peter-Ustinov-Stiftung organisiert. Nachdem mein FSJ-Kultur bei der KinderKulturKarawane beendet war, habe ich das KCC in Tansania besucht und in diesem Rahmen die Künstler an diesem Tag begleiten können.