Familie Hermens aus Aachen war schon zum dritten Mal Gastfamilie für eine Gruppe der KinderKulturKarawane. Diesmal waren zwei Mädchen von „The Dreamcatchers“ aus Indien zu Gast. Die Familie hat hier ihre Erfahrungen als GastgeberInnen aufgeschrieben.
Wir veröffentlichen diesen Bericht hier, weil wir glauben, dass er aufzeigt, wie unkompliziert, vor allem aber bereichernd es ist, jungen Menschen von der KinderKulturKarawane zu beherbergen.
Eigentlich war es in diesem Jahr vorgesehen, dass wir nur eine Inderin aus dem Projekt KinderKulturKarawane der Theatergruppe “The Dreamcatchers“ aufnehmen sollten. Doch ein paar Tage vor Ankunft bekamen wir einen Anruf. Die beiden 13- und 14-jährigen Mädchen Jyoti und Nisha hatten während ihrer letzten Station den dringenden Wunsch geäußert, unbedingt zusammen untergebracht zu sein. Es war dabei völlig egal, wie groß ihr Zimmer sei und ob es dort zwei vernünftige Betten für sie gibt.
Wir kennen das!
Als Eltern von drei Mädchen im Alter von acht, neun und zehn hatten wir auch schon einmal eine Zeit, in der alle drei ihre eigenen Zimmer hatten. Jetzt schlafen tatsächlich alle wieder in einem Raum und sind glücklich damit. Es gibt ihnen Sicherheit!
Wie könnten wir da also kein Verständnis haben. Zumal die beiden ja auch noch einen kleinen Kulturschock zu durchleben hatten. Und mal ehrlich, dann kocht man eben eine Portion mehr. Man konnte spüren, dass sie sich zu zweit von Anfang an recht sicher fühlten.
So wurden wir bald erzogen, ordentlich gewürztes indisches Essen mit den richtigen
Zutaten zu kochen. Die ersten Versuche waren leider zu europäisch. Sie trauten sich ihre
Wünsche und Anliegen auszusprechen und das mag zwar schon mal ein wenig Arbeit
machen, aber wir finden, dass sie sich ja nun auch wohlfühlen sollen in ihrer Gastfamilie.
Wir sind der festen Überzeugung, dass uns das auch gelungen ist.
50.000 Bienen…
Am ersten Tag zeigten unsere Kinder unseren Gästen das Trampolinspringen all unsere Tiere, wobei die beiden Mädchen unsere 50.000 Bienen dann doch etwas unheimlich fanden.
Am zweiten Tag mussten wir Gasteltern leider Abends zu wichtigen Terminen und wir hatten für unsere Kinder eine mit den beiden Gastkindern in etwa gleichaltrige Babysitterin engagiert. Jetzt wurden schon Henna-Tattoos verteilt. Unsere Kinder waren so richtig stolz.
Wenig Pannen
Nachdem wir den beiden direkt am ersten Tag die Benutzung europäischer Toiletten erklärt hatten, gab es eigentlich nur wenige kleinere Pannen: Das eigentlich für sie vorgesehene kleinere Bad wurde zusätzlich und leider zu unseren morgendlichen Stoßzeiten gleichzeitig benutzt, so dass unser 5-Personen-Haushalt teilweise improvisieren musste. Licht haben sie eigentlich selten ausgeschaltet. Vielleicht gab Ihnen das in der Nacht ja noch irgendwie mehr Halt. Das alles war aber nicht weiter schlimm und wir haben sie einfach gelassen.
Dienstag kamen die beiden genau zur Bettzeit unserer Kinder. Eigentlich waren sie hungrig und wir wollten Ihnen schnell noch etwas zu Essen machen. Nachdem unsere Kinder zehn Minuten später fertig waren und wir das Essen erwärmen wollten, waren unsere Gastkinder spontan auch eingeschlafen. Der Jetlag hatte noch seine Spuren hinterlassen und die ersten Wochentage mit ihrem Programm schienen wohl sehr anstrengend gewesen zu sein.
Hauptsache dabei sein!
Am vierten Tag kamen Jyoti und Nisha ganz anders nach Hause. Sie gingen kurz in ihr
Zimmer und kamen direkt wieder zu uns in die Küche. Man merkte, dass sie unbedingt
Kontakt wollten. Spielen, reden, in der Küche helfen, – Hauptsache dabei sein! Das war
sehr schön und unsere Kinder haben sich wirklich sehr gefreut. Es wurde Trampolin
gesprungen, Memory und Badminton gespielt, Fahrrad und Roller gefahren. Es war ein
Vergnügen zu lauschen, wie die Kinder sich mit ihrem jeweils gebrochenem Englisch
verständigten. Als unsere Kinder die Idee hatten mit Ihnen zum nahegelegenen Spielplatz
zu gehen, waren die zwei Mädchen völlig aus dem Häuschen. Ausgerüstet mit
Armbanduhr, Fahrrad und Roller zogen alle los.
I love Oche
Abends erzählten sie uns, dass am nächsten Tag der Geburtstag von Abhishek wäre und frugen, ob wir nicht ein Geschenk organisieren könnten. So wurde dann am Donnerstag ein schönes I love Oche – T-Shirt für Abhishek gekauft.
Abends hatten wir uns eigentlich mit einer anderen Gastfamilie verabredet. Wir wollten mit Ihnen und ihrem Gastkind Dharmaraj zusammen mal so richtig indisch auftischen. Leider kam Dharmaraj etwas krank von seinem Nachmittagsausflug nach Hause. Irgendetwas hatte er nicht vertragen und so hatte er nur ein Bedürfnis: Schlafen!
Mau-Mau
Nachdem die Familien ihre Menübestandteile aufgeteilt hatten, wurde also nun getrennt gegessen. Wir hatten am Abend aber noch ganz viel Spaß beim Mau-Mau-Spiel. Das ist ja ein schönes einfaches Spiel, welches so schnell erklärt ist. Die beiden hatten richtig Spaß! Jetzt war schon Freitag. Am Nachmittag hatten wir uns zum Tanz-Workshop angemeldet, bei welchem wir als Familie aber schlapp machten. Da die Gruppe Abends den Geburtstag
von Abhishek beim Grillen feierten, wir aber aufgrund unserer ständigen Abendtermine nicht teilnehmen konnten, hatten wir an diesem Tag dann nicht viel voneinander. Wie wir aber schon vermuteten, kamen sie später hungrig nach Hause. Sie hatten zwar unsere mitgegebenen Linsenfladen, Bananen und Kinderriegel aufgegessen, das war aber wohl nicht ausreichend. So gab es dann noch etwas Dal-Suppe.
Abschiedsgeschenke
Samstags beim Frühstück mussten sich unsere beiden jüngeren Mädchen schon verabschieden, da sie mit ihrer Pfadfindergruppe ein Zeltlager hatten. Sie hatten die Fotos,welche wir einen Tag vorher aufgenommen hatten aufgeklebt, verziert und kleine Radiergummis aufgeklebt. Jyoti und Nisha haben sich sehr gefreut.
Sie gingen morgens dann zur Stadtführung und wir noch schnell ein kleines Abschiedsgeschenk besorgen. Außerdem wollten wir schon alles vorbereitet haben, wenn Abends wieder Hunger aufkommt, denn im Nachmittag trafen wir alle am „Indemann“ und verbrachten dort an der Aussichtsplattform zum Tagebau Inden den Nachmittag mit der Gruppe. Im Anschluss konnten wir uns dann auch endlich das sehr schöne Theaterstück der Gruppe ansehen und siehe da, es war sehr wichtig am Ende des Tages nur noch ein vorgefertigtes Essen zu erwärmen. Jetzt war es auch Zeit für unser Abschiedsgeschenk.
Nachdem die beiden solch ein Temperament beim Mau-Mau-Spiel bewiesen hatten und
wir uns vorstellen können, dass dieses Spiel fast in allen Deutschen Haushalten zu finden
ist, fanden wir es nahezu perfekt. Die Freude war riesig! So schön klein konnte das Spiel
auch noch einen Platz in ihren fast berstenden Koffern finden. Das hätten wir uns gar nicht erträumen lassen, dass die beiden sich so freuen können. Wir lagen also goldrichtig mit unserer Idee! Vor lauter Freude bekam unsere älteste Tochter ein Halstuch von den
beiden geschenkt.
Von Aachen nach Hamburg
Nach zwei Runden Mau-Mau gingen alle satt , zufrieden und müde in ihre Zimmer.
Tja, am Sonntag hieß es Abschied nehmen. Wir konnten Jyoti und Nisha noch zur
Erinnerung unser gesungenes Tischgebet aufschreiben, – das hatten sie sich gewünscht.
Und sie haben uns ihre Adressen gegeben, damit wir auch mal schreiben können.
Was soll man sagen: Wir hatten uns jetzt nach einer Woche so richtig aneinander
gewöhnt. Die indischen Mädchen müssen sich jetzt in Hamburg einleben. Es ist nicht
einfach, sich zu trennen, aber es gehört dazu und natürlich gab es Tränen! Wir wünschen
den Dreamcatchers viel Erfolg und Freude!
Immer wieder spannend!
Schon zum dritten mal waren wir nun Gastfamilie für die KinderKulturKarawane und wir
hoffen sehr, dass wir auch nächstes Jahr wieder um die Eindrücke und menschlichen
Kontakte aus anderen Kulturen bereichert werden. Bei uns wird jetzt alles ein wenig ruhiger, aber wir freuen uns auf nächstes Jahr, ob nun ein oder zwei Gäste! Das ist egal! Es ist immer spannend und ein tolles Erlebnis!
Vielen Dank an die Kulturkarawane für die tolle Idee und die gute Umsetzung!